Lennart Schütz

Früher… ja früher! Da schrieb man eine Mail, wenn man innerhalb der Gemeinschaft eine Veranstaltung machen wollte („Freitag Filmabend!“). Und machte darüber hinaus einen Aushang am Schwarzen Brett. (Die ganz alten Recken könnten hier jetzt erzählen, wie das noch früher war: tägliche mündliche Infobörse nach dem Mittagessen!).

Irgendwann nahm die Zahl der gemeinschaftsinternen Mails zu und die schöne Einladung zum Filmabend ging unter. Da muss was getan werden! Also schrieb man zwei Wochen vorher ein save-the-date, in der folgenden Woche die eigentliche Einladung, und zwei Tage vorher noch mal einen Reminder. Klar, damit verdreifacht man das Mailvolumen, aber von nix kommt nix! (Bei der Gelegenheit meditiere bitte – Analogie aus dem Straßenverkehr - den Satz „Ich stehe im Stau“ vs. „Ich bin der Stau“.)

Ein geeignetes Medium für Termine… hat da nicht mal einer was erfunden? Kalender, ja! Einen digitalen Gemeinschaftskalender gibt es natürlich auch, aber da schreibt Mensch so was eher nicht rein. Neumodisches Zeug, erst vor sechs Jahren ungefragt eingeführt worden, ob sich das wohl durchsetzt? Klar - Termine per Mail, das ist so ein bisschen wie Nägel mit der Wasserwaage in die Wand schlagen, aber hey, man hat’s halt nie anders gelernt. Und überhaupt, wo finde ich den verdammten Kalender-Link jetzt wieder auf meinem Desktop? Voll kompliziert!!1!

Jederzeit zur Hand ist dagegen der Gemeinschafts-Telegram-Verteiler, den vor Jahren mal jemand versehentlich (!) eingerichtet hat. Weil Mails aufgrund der schieren Masse zu einem wenig verlässlichen Medium für solch wichtige Mitteilungen geworden waren, postet man den Kinoabend fortan zusätzlich auf Telegram. Das machen natürlich viele andere auch, weswegen manche über die Telegram-Flut stöhnen. Also wurde ein Signal-Verteiler namens „Info only“ eingerichtet, in dem Urlaubsfotos verboten sind, außerdem Ankündigungen von Veranstaltungen, die mehr als 24 Stunden in der Zukunft liegen.

Was macht man da? Man passt diesen Zeitpunkt ab und postet exakt 24 Stunden vorher auch noch mal auf „Info only“. Voll im Rahmen des Erlaubten!

Der Zettel am Schwarzen Brett ist natürlich weiter Pflicht, und weil er zwischen all den Ankündigungen meiner Genoss*innen unterzugehen droht, drucke ich meinen in DIN A3 quer. Dass er so auch noch die angrenzenden Tage überlappt – geschenkt! Die anderen machen das ja auch, man muss sich halt zu helfen wissen.

Weil auch das nicht zu zufriedenstellendem Zulauf zu meinen Veranstaltungen führt und es echt hart ist, mit all den anderen internen Veranstaltungen zu konkurrieren (ContactImpro! Geburtstage! Ölaktion! Spieleabend! Mantrasingen! Liebesforschungsgruppe!), bleibt ein letzter Ausweg: das TAGESAKTUELL-Board im Speisesaal. Weil meine erschöpften Genoss*innen da aber nur unregelmäßig hinschauen, muss ich meinen Zettel frühzeitig aufhängen, zwei Wochen vorher ist gut. Tagesaktuell, hey, bürgerliche Kategorien!

Und die Moral von der Geschicht’? Inflationär beworbene Events besuch’ ich nicht.

Von Lennart Schütz

 

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