Ursel Groeger

Nun ist sie gegangen - „unsere Älteste“ - mit 94 Jahren.
Am Montag, den 17.4. nachts um zwei ist sie verstorben. Ihre Tochter Almut war dabei, nachdem sie die letzten Tage und Nächte bei ihr verbracht hatte.
Leider musste Ursel nach einem Sturz 3 Wochen im Belziger Krankenhaus verbringen, dort kündigte sich dann auch ihr baldiger Tod an. Ihre Töchter Almut und Maja schafften es, dass sie nach Ostern wieder in ihr Zuhause entlassen wurde und dort eine sehr gute palliative Versorgung bekam. Sie war vor 14 Monaten aus dem ZEGG in eine Alten-WG in Bad Belzig umgezogen.

Almuts Bericht über ihre letzten Tage hat mich sehr berührt: Wie Ursel, trotz Demenz, ihr Leben noch einmal hat rückwärts laufen lassen, wie friedlich und entspannt sie dabei war, wie sie kurz vor ihrem Tod gesagt hatte „übermorgen ist ein guter Tag zum Sterben“, und sie hat sich dabei nur um einige Tage vertan, wie sie eines Morgens plötzlich sang „komm lieber Mai und mache, die Bäume wieder grün . . .“ Es klingt komisch, dass so zu sagen, aber mir geht es so: ‚Einen so stimmiges, friedliches Sterben wünsche ich mir und jedem anderen von uns auch‘. Ein langes, volles Leben hat sich vollendet.

1994 hatte sie, nach dem Tod ihres Mannes, ein alternatives Wohnprojekt in Hannover gegründet, in dem 6 Frauen das Experiment selbstbestimmtes Leben im Alter ausprobierten (damals etwas wirklich Neues, mit Kongressen, Fernsehen und Zeitungsartikeln).

Nach 16 Jahren Gemeinschaftserfahrung in ihrer WG wagte sie noch den Schritt ins Zegg, um nah bei ihrer Tochter Almut zu sein und sich im Alter gut begleitet zu fühlen. Sie hatte dort ein schönes kleines barrierefreies Apartment mit eigenem Garten, wo sie seither gewohnt hat. Legendär die Sonntags-Matinee in ihrem kleinen wohlgepflegten Garten, wo sie uns von über 60 Pflanzenarten erzählte, die dort wuchsen. Legendär auch ihre selbstgebauten Knusperhäuschen im Advent, meist mit ganz aktuellen Bezügen zum ZEGG Geschehen und ihre selbstgebackenen Käsefüßchen, die auf keinem Fest fehlen durften. Wir waren immer ein bisschen stolz darauf, wenn wir, gefragt nach der Altersspanne im ZEGG, unseren Gästen sagen konnten: „Unsere Älteste ist schon über 90!“

Ich persönlich kenne Ursel seit rund dreißig Jahren – damals war sie ungefähr so alt wie ich jetzt. Es waren die wilden Jahre der Projektgründungszeit, und das ZEGG hatte mit ziemlich vielen Anfeindungen zu kämpfen, als ‚Sex-Sekte‘ und Schlimmeres. Und was machte Ursel? Sie setzte ein Rundschreiben auf an alle Eltern der damaligen ZEGG-Bewohner und lud sie ein für ein gemeinsames Wochenende im ZEGG. Ungefähr dreißig Eltern kamen. Für viele war es der erste Besuch an dem Ort, an dem ihre Kinder schon einige Jahre wohnten. Es begann ein intensiver Prozess der Verständigung zwischen den Generationen. Mehr als ein Jahrzehnt lang wurden diese Treffen fortgesetzt, und ein Nebeneffekt war, dass sich auch viele der Eltern untereinander anfreundeten. Mit der Initiierung dieser ‚Elternwochenenden‘ hat Ursel einen wichtigen Beitrag geleistet dafür, dass sich die Stimmung zum ZEGG im Lauf der Jahre gedreht hat und unsere Arbeit mittlerweile allgemein sehr anerkannt wird.

Vor gut einem Jahr war Ursel bei uns ausgezogen. Nach der Diagnose Demenz vor 5 Jahren, wurde es zunehmend schwieriger für sie in der Abgelegenheit ihres Wohnortes hinterm Internetcafé. Ihre Tochter Almut trug einen großen Teil der Last der alltäglichen Begleitung, unterstützt von einigen Menschen aus dem ZEGG und ihren Geschwistern Maja und Detlef. Corona kam dann noch erschwerend hinzu. Almut hatte eine ausgesprochen tolle WG des Roten Kreuz hier in Belzig gefunden, was alle Beteiligten sehr erleichtert hat.

Ursel, wir wünschen deiner Seele in den Sphären, in denen sie jetzt unterwegs ist, den Frieden und die schalkhafte Heiterkeit, die auch dein Leben begleitet hat.

Die ZEGG-Gemeinschaft

von Georg Lohmann

 

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