Intensivzeit

Jede kennt das: eine Gruppe setzt sich zusammen und spricht. Und dann? Manchmal ist es nur kompliziert: alle fallen sich ins Wort, Themen werden angerissen, aber nicht geklärt, neue Verletzungen entstehen. Aber manchmal ist es auch anders: man hört sich zu, wird inspiriert und etwas Neues entsteht. Alle gehen bereichert auseinander. Wie kommen wir zu letzterem?

Wir im ZEGG leben einen sehr intensiven Alltag und haben viele Treffen. Bewährt hatte sich lange: kein Treffen ohne Moderation. Es braucht eine Person, die den Raum hält, in das Thema einführt, die Absicht des Treffens anfangs benennt und auch während des Treffens darauf achtet, dass die Absicht auch erreicht wird. Dies braucht die Fähigkeit den Raum wahr zu nehmen. Viele von uns sind Forumsleiter:innen und können emotionale Prozesse einordnen und halten. Wichtig ist dabei Energiechoreografien im Blick zu haben: wie können Menschen ganz im Raum ankommen, wie gehen sie gut wieder, wann braucht es Energiewechsel, körperliche Einstimmungen und Auflockerungen.

Andere von uns haben soziokratische Konsentmoderation gelernt, bei der es um Entscheidungen geht. Hier liegt der Schwerpunkt darauf durch die kollektive Intelligenz Vorschläge zu verbessern ohne sie auszubremsen. Andere haben wieder klassische Moderationsausbildungen. Und ja, auch bei uns ist nicht alles bilderbuchartig. Es gibt trotz aller Erfahrung Ausrutscher – emotionale Ausbrüche, die Leitung wird angegriffen, irgendwer weiß es dann besser, es wurde zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem... Aber es hält sich bei uns meistens in Grenzen, die Moderation lässt es nicht ausufern, wir sind ansprechbar, wenn es passiert. Moderierte Treffen funktionieren, das wissen wir.

Wird es nun Zeit für die nächste Stufe im ZEGG?

Immer mal wieder experimentieren wir mit Wohnzimmerräumen, in denen es keine explizite Agenda und Absicht gibt. Wir nehmen dann wahr, was dran ist und leiten gemeinsam das Gespräch. Ich nenne dies Feldgespräche, weil eine Voraussetzung dafür die gemeinsame Wahrnehmung des Feldes ist.

Wahrnehmen, was „dran ist“- dies heißt, die Antennen aufzumachen für Reaktionen. Jemand macht einen Vorschlag und wir schauen: wie kommt er im Raum an? Gibt es Zustimmung, Widerstand, Langeweile, Ausweichen? Was steckt dahinter? Sind wir wach genug, dass nicht Einzelne – womöglich noch die, die eh immer reden, das Gespräch dominieren? Wann braucht es kollektive Themen, wann auch mal ein Eingehen auf einen Einzelnen und das Sichtbarwerden von emotionalen Prozessen für das Ganze?

Um uns fühlen zu können hilft auch räumliche Nähe. Wenn wir so zusammen sitzen, dass Körperkontakt möglich ist, wird emotionales Fühlen leichter als wenn wir mit viel Abstand auf Stühlen sitzen.

Noch sind wir am üben und fühlen uns in diesen Räumen sicherer, wenn Menschen sie „leiten“, also von vorneherein die Autorität bekommen, Prozesse zu benennen und gegebenenfalls zu steuern. Auch wenn natürlich jede in einem Feldgespräch jederzeit steuern kann. Ein Bild für die Zukunft ist, dass wir auch das nicht mehr vorher festlegen: Alle sind gleich wach, können persönliche Trigger von notwendigen Gefühlsreaktionen unterscheiden, verfolgen keine Selbstbestätigungsnummer und Machtspiele mehr, sondern nehmen den Raum wahr und unterstützen, dass das, was geschieht, zum Wohle aller geschieht. Wir dürfen weiter lernen.

Wer hier mit lernen möchte: Viele unserer Kurse helfen dabei, in solch eine Feldwahrnehmung zu kommen.

Wer mit Machtdynamiken bewusster umgehen will: vom 16.-19. November gibt es ein Seminar zum Thema Rang und Macht in hierarchiefreien Projekten. Außerdem gibt es Soziokratie-Ausbildungen im ZEGG. Und Transforum ist eine zweijährige Ausbildung in der Leitung von Forum und Gemeinschaftsräumen – www.transforum.zegg.de .

Von Barbara Stützel

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